Die Pentacon Six TL - ein erster Erfahrungsbericht
Die Beschaffung
Zunächst gab es die Herausforderung, auf dem Gebrauchtmarkt eine funktionierende – ich betone funktionierende – Pentacon Six TL, im folgenden einfach Six, zu bekommen. Es sollten eigentlich genügend Exemplare im Umlauf sein. Vermutlich schlummern sie irgendwo in Kisten, auf staubigen Dachböden oder wie in meinem Fall in feuchten Kellern. Aber dazu später mehr.
Ich bin blutiger Anfänger und hatte noch nie eine Six in meinen Händen. Während der letzten Tage der DDR fotografierte ich mit Kleinbildfilm und einer Praktika BC1. Beim Gebrauchtkauf von Kameras und Objektiven gibt es aber einiges zu beachten, will man nicht gleich ein Stück für die Museumsvitrine ersteigern. Da ich aber mit dieser Kamera fotografieren wollte, muß sie natürlich funktionieren. Mein erster Versuch eine Six zu bekommen, scheiterte an meinen fehlenden Sachkenntnissen. Zum Glück hatte ich diese Six bei einer guten Freundin erstanden und durfte sie wieder zurückgeben incl. Geld zurück.
Mein zweiter Versuch war erfolgreich. Allerdings stellte ich später einen Mangel fest, der auch wieder meiner Unwissenheit geschuldet war. Ich kannte dieses Problem einfach nicht, weil es mir noch nie begegnet war in meinem Leben.
Aber zurück zum Gebrauchtkauf und was man beachten muß. Die Six wurde ja in der DDR gefertigt – also vor mehr als 35 Jahren – und hat typische Problemzonen. Beim Kauf sollte man als erstes den korrekten Verschluss prüfen, und zwar ob er richtig schließt und nicht etwa wie im Falle meines ersten Kaufs einen Millimeter weit offen steht nach dem Auslösen.
Dann sollte man die Belichtungszeiten prüfen. Dazu probehalber einmal mit 125stel auslösen, dann mit einem 30stel, einer Sekunde und auch bulb mit einschließen in den Test. Die 125stel sind ein typisches Problem der Six. Hier kann man schon beim Probeauslösen mit gleichzeitigem Beobachten des Schlitzverschlusses defekte Geräte aussortieren.
Hat man diese Tests durchgeführt und alles sieht und hört sich gut an, ist die Chance groß, eine funktionierende Six in den Händen zu halten. Mein zweiter Kauf war dann erfolgreich, zunächst fast ohne Beanstandungen. Ein kleiner Bereich des Klappspiegels war etwas verschmutzt. Darüber machte ich mir erstmal keine Sorgen. Isopropanol wird es schon richten.
Weit gefehlt. Es stellte sich heraus, dass die Verschmutzung auf dem Spiegel ein sogenannter Glaspilz ist, der sich in das Glas frist und mit nichts zu entfernen ist. Und wie ich dann feststellen mußte, hat sich auch im mitgelieferten Objektiv ein winziges 1mm großes Pilzmyzel im Inneren des Objektivs gebildet. Das war neu für mich. Ich hatte noch nie davon gehört, dass es sowas im Bereich von Objektiven und Kameras gibt. Vermutlich lag die Six eine Weile in einem dunklen feuchten Keller.
Wie auch immer, die Six ist jetzt meine und ich kann sie auch nicht zurückgeben wie beim ersten Kaufversuch. Macht auch garnix, weil die Six ja an und fürsich funktioniert, und das sogar gut, wie ich gleich berichten werde.
Mein Schatz
Hier liegt sie also vor mir, die Pentacon Six TL. Sie wurde mit einem TTL-Prisma und dem Standardobjektiv der Six – ein Biometar 2.8/80 – verkauft. Ergänzend konnte ich noch zwei Objektive erwerben, ein Flektogon 4/50 und ein Biometar 2.8/120. Das TTL-Prisma funktioniert gut, ich konnte die dafür nötige Knopfzelle auftreiben. Und die Belichtungsmessung scheint auch zu stimmen, wie ich an den vergrößerten Negativen sehen konnte.
Test mit einem alten ORWO NP22 120
Ich hatte noch 3 alte ORWO Rollfilme rumliegen. Die eignen sich hervoragend für erste Übungen. Und ich bin froh, dass ich an diesen alten Filmen üben konnte. Denn die Verarbeitung ist nicht ganz so einfach wie beim Kleinbildfilm.
Der Rollfilm lies sich problemlos in die Six nach Anleitung einlegen und bis zum Bild 1 vorspulen. Exakt beim Bild 12 wurde der Spannhebel gesperrt und ich habe nach Anleitung den Rollfilm bis zum Ende auf die zweite Spule gewickelt und der Kamera entnommen. Soweit so gut.
Jetzt gehts in die Dunkelkammer. Die Kleinbildfilme schiebt man vorsichtig in eine Entwicklerspule, also sollte es mit dem Rollfilm ähnlich klappen. Als ich nach 20 Minuten den Rollfilm immer noch nicht aufgespult hatte, wurde ich langsam nervös. Mittlerweile hatten sich meine Augen an die Dunkelheit gewöhnt. Als nützlicher Nebeneffekt dieses Rumgemähres nahm ich Restlicht wahr, das den doch eigentlich total dunklen Raum nicht mehr so dunkel erscheinen lies wie anfangs geglaubt. Da muß ich also nochmal ran und die Dunkelkammer etwas besser abdichten gegen Tageslicht.
Das Problem beim 120er Rollfilm war, dass er sich extrem in die Wickelrichtung rollte. Mehrere Versuche, den Film ohne weitere Behandlung in die Filmspule einzuschieben scheiterten. Ich habe dann als letzten Ausweg die ersten 5-6 cm des Rollfilms – Anfang oder Ende ist egal – in die Gegenrichtung Zwangsgedreht zwischen Daumen und Fingern, sodass sich der Filmanfang nicht mehr rollte. Das hat dann geklappt und ich konnte den Film einfädeln in die Entwicklerspule.
Entwickelt habe ich dann klassisch mit Rodinal, 6 Minuten, bei 1:25 Verdünnung.
Der Film hat natürlich einen extremen Grauschleier. Nach 33 Jahren darf er das auch gerne haben. Und als Testfilm reichte der ORWO allemal. Ich bin wirklich froh, meine ersten Versuche nicht mit einem brandneuen Film machen zu müssen.
Ansonsten stimmen die Bildabfolgen, es gibt keine Bildüberlappungen. Das ist auch ein Problem der Six, wie ich in einigen Foren lesen konnte. Am Anfang und Ende des Films gab es ein paar Probleme mit Streulicht, vermutlich lagen da doch die Papierstreifen nicht eng genug am Film, sodass es zu Belichtungen kam. Das muß ich dann noch erforschen.
Zeig doch mal die Bilder
Trotz des extremen Grauschleiers des ORWO NP22 konnte ich doch irgendwie ein paar Bilder vergrößern. Was man gleich sagen kann: Belichtung mit dem TTL-Prisma funktioniert, und auch die Verschlusszeiten scheinen zu stimmen. Es ist kein richtig auffälliges Negativ dabei, das völlig über- oder unterbelichtet ist.
Fazit
Ich denke, dass ich mit meinem Neuerwerb richtig viel Freude haben werde und warte jetzt gespannt auf die bestellten Rollfilme bei fotoimpex. Ich werde hier immer mal weiter berichten.
Daumen hoch! Für den ersten Film kann man nicht meckern 😉
Gratulation zur funktionierenden Six schon nach dem zweiten Kauf.
Einen neuen Spiegel bekommst Du sicher bei Foto Merten getauscht oder ev. Zu kaufen, und den Pilz im Objektiv müsstest Du abgewaschen bekommen.